Abgeschickt von anonym am 20 Mai, 2003 um 13:15:13:
Ist Leben zufällig entstanden?Kritische Argumente zur Synthese von DNS-BausteinenHarald BinderEine Schlüsselstelle für die Evolutionslehre stellt derÜbergang von der unbelebten zur belebten Natur dar.Die erste Entstehung einfacher zellähnlicher Strukturenwird dabei als zufälliges Resultat von molekularenWechselwirkungen verstanden. In Modellen versuchtman, solche Vorgänge zu rekonstruieren. Bei einernaturwissenschaftlichen Behandlung der Frage derLebensentstehung ist zu fordern, daß solche Modellemit physikalisch-chemischen Gesetzmäßigkeiten derexperimentellen Forschung verträglich sind. Alleheute bekannten Lebewesen sind in elementarer Weisemit Nukleinsäuren (DNS und RNS) verknüpft. DieMöglichkeit einer spontanen Synthese von Nukleinsäurenals Basis der Speicherung, Verarbeitung undUmsetzung von Erbinformation soll hier anhand experimentellerForschungsergebnisse diskutiert werden.Nukleinsäuren bestehen aus drei Bestandteilen:- Stickstoffbasen: Adenin, Guanin (Purine), Cytosin,Uracil, Thymidin (Pyrimidine)- Zucker: D-Ribose (bei der RNS) bzw. 2-Desoxy-DRibose(bei der DNS)- Phosphorsäure: sie bildet die Brücke zwischen deneinzelnen Nukleosiden (Stickstoffbasen + Zucker)und ermöglicht über die Phosphorsäureester denAufbau von langen Molekülketten.Will man die Entstehung von Nukleinsäuren durchzufällige Reaktionen auf einer hypothetischen frühenErde erklären, so stößt man auf einige allgemeineSchwierigkeiten: Über die Rahmenbedingungen auf einer hypothetischenfrühen Erde bestehen große Unsicherheiten.Daher ist es unklar, ob auf der Urerde genügendorganisches Ausgangsmaterial gebildet werdenkonnte. Energiereiche Ausgangsverbindungen für dieSynthesen müssen in ausreichender Konzentrationund Reinheit zur Verfügung stehen. In den geologischen Formationen finden sich keineÜberreste von präbiotischen „Ursuppen“. Diesesollten in den ältesten Schichten anzutreffen sein.Es fehlt aber jede Spur davon.Da Nukleinsäuren jedoch essentieller Bestandteil allerLebewesen sind, müssen sie auf irgendeinem Wegentstanden sein. Wir wollen einige der zur Synthesevon Nukleinsäuren nötigen Schritte kritisch beleuchten.Stickstoffbasen Cyanwasserstoff (HCN/Blausäure) erscheint alsgeeigneter Ausgangsstoff für die Synthese vonStickstoffbasen. Aus fünf Molekülen HCN kanndie Stickstoffbase Adenin aufgebaut werden. Diechemische Synthese ergibt allerdings nur eine sehrgeringe Ausbeute. Für die anderen Basen sind zusätzlicheAusgangsstoffe und komplexere Reaktionsbedingungenerforderlich, so daß deren Syntheseunter unspezifischen präbiotischen Bedingungenentsprechend noch unwahrscheinlicher ist. Für die Synthese müßten gleichzeitig alle äußerenRandbedingungen wie Temperatur, Druck, Konzentration,pH-Wert usw. exakt abgestimmt sein,um überhaupt ein gewünschtes Produkt zu erhalten.Dies ist auf einer frühen Erde äußerst unwahrscheinlich. Die entstandenen Stickstoffbasen müßten von einemgroßen Anteil von Verunreinigungen (z. T.sehr ähnlichen, aber für die Nukleinsäuren unbrauchbarenStickstoffverbindungen) abgetrenntwerden. Ein natürlicher Prozeß hierfür ist unbekannt.Zucker Als Ausgangsstoff für Zucker bietet sich Formaldehydan. Unter geeigneten Bedingungen läßt sichaus wäßriger Formaldehyd-Lösung ein süßer Zukkersirup(Formose) gewinnen. Die Ausbeute anZucker vom benötigten Ribosetyp (Aldopentose)ist verschwindend klein. Das gasförmige Formaldehyd muß für die Reaktionzunächst erst einmal in geeigneter Form undKonzentration zur Verfügung stehen. Die bekanntenSzenarien liefern dafür keine befriedigendeAntwort. Ribose muß aus dem entstandenen Zuckersirup alsein Spurenbestandteil isoliert d. h. von einem großenÜberschuß anderer Zucker gereinigt werden,was selbst heute einen erheblichen technischenAufwand erfordert. Präbiotische Modelle hierfürsind unbekannt. Ribose ist eine optisch aktive Verbindung, d. h. esexistieren zwei Erscheinungsformen, die sich zueinanderverhalten wie die linke und die rechteHand. Beide entstehen bei der chemischen Synthesezu gleichen Teilen. In den Nukleinsäuren trittausschließlich eine Form auf. Für eine Trennungbzw. selektive Synthese existieren keine realistischen„Ursuppen“-Modelle.Nukleosidbildung Die unter verschiedenen Bedingungen und unterräumlicher Trennung synthetisierten und rein isoliertenZucker und Stickstoffbasen müssen zusammengeführtwerden. Die Gegenwart von Wasser verhindert eine Glykosidierung(Reaktion von Zucker und Stickstoffbasen).Die Modelle gehen aber in großer Übereinstimmungvon Wasser als bevorzugtem Lösungsmittelaus. Die Bindung kann sowohl am Zucker als auch ander Stickstoffbase an verschiedenen Stellen erfolgen.Aber nur eine ganz spezifische Bindung zwischenZucker und Stickstoffbase liefert die Voraussetzungfür die Ausbildung einer Doppelhelix,wie sie bei Nukleinsäuren auftritt. Hier müßtenoch ein Mechanismus für die vollständige Abtrennungder falschen Verbindungen gefundenwerden, bisher ist keiner bekannt.Nukleinsäurebildung Unklar ist bis heute, wie und in welcher Form diePhosphorsäure, die zur Ausbildung der Phosphorsäurediester-Brücke notwendig ist, bereitgestelltwerden soll. Die aktivierten Nukleotide (Zucker + Stickstoffbase+ Phosphorsäure) müßten in genügender Konzentrationund Reinheit zur Verfügung stehen. Die Polykondensation der Nukleotide zu einer linearenPolynukleotidkette unter Ausbildung einer(von vielen möglichen) ganz spezifischen Phosphorsäurediester-Brücke erfordert nach heutigenKenntnissen einen erheblichen technischen Aufwand,von dem nicht annähernd vorstellbar ist, wieer auf einer hypothetischen frühen Erde ausgesehenhaben könnte.Wären gegen all diese kritischen Argumente auf einerfrühen Erde dennoch Nukleinsäuren vorhanden gewesen,so müßte man für sie folgende Forderungen stellen: Schutz vor energiereicher Strahlung, die eine Zerstörungbewirken würde. Nahezu alle Szenarienfür eine frühe Erde gehen jedoch im Gegenteil vonerhöhten Strahlendosen aus. Ohne Schutzhülle und Reparaturmechanismensind einzelne Nukleinsäuren vor Wasser zu schützen,sonst erfolgt Hydrolyse.Die bis hier vorgetragenen Argumente zielen auf diepräbiotische Entstehung von Nukleinsäuren ab. DieNukleinsäuresynthese wird heute als erster Schritt aufeinem Weg, der auf natürliche Weise zum Lebenführt, angesehen. Dabei handelt es sich um eine überschaubareFolge von Reaktionen die wir zu einemgroßen Teil recht genau beschreiben können. Dessenungeachtet ist bis jetzt kein Modell beschrieben worden,das die oben angeführten Argumente berücksichtigt.Ein ganz entscheidender Aspekt wurde noch gar nichtberührt und soll hier nur kurz angedeutet werden: dieNukleinsäuren als Informationsträger. Woher dieseInformation stammt, und wie sie in diesen chemischenStrukturen der Nukleinsäuren ursprünglich codiertwurde, ist Gegenstand umfangreicher Diskussionenund Spekulationen, wobei hier der Bereich experimentellernaturwissenschaftlicher Methoden überschrittenwird. Nukleinsäuren als Informationsspeicherstellen hohe Anforderungen hinsichtlich Vervielfältigung(Replikation) und entsprechender Reparaturmechanismen,um zu gewährleisten, daß vorhandeneInformation nicht wieder verloren geht.Für eine zufällige Entstehung des Lebens sind nocheine Vielzahl anderer komplexer Reaktionsfolgennotwendig. Auch für diese gilt, daß bisher keine realistischenReaktionswege beschrieben wurden.Es ist wohl einer der schwächsten Punkte in der vonEvolutionstheoretikern angestrebten Kausalkette vonErklärungen zur Entstehung und Entwicklung des Lebens,daß die systematischen experimentellen Forschungsprogrammeseit Millers Simmulationsexperiment1953 dazu geführt haben, daß die Entstehungdes Lebens in größerem Dunkel liegt als zu ZeitenDarwins.